Judith Haudum
15.2.2024
Presse

Ernährung im Parasport

In den letzten Jahren ist das Interesse am Parasport weltweit gestiegen. Neben dem Interesse ist auch das Niveau deutlich angewachsen. Athlet:innen arbeiten professioneller, das Material wurde in vielen Sportarten weiter optimiert, die Dichte in den einzelnen Sportarten ist auch höher geworden und damit sind auch die Anforderungen und letztendlich die Leistungen gestiegen. Mehr Konkurrenz führt im Parasport häufig zu neuen Bestzeiten. Der Blick auf die Paralympics zeigt dies sehr deutlich.

Ernährung als wichtiger Baustein

Ernährungsbetreuung von Manfred Putz für sein Rennen über die Alpen nach Nizza

Mit der Professionalisierung im Parasport hat auch die Ernährung mittlerweile einen anderen Stellenwert. Viele Athlet:innen widmen sich selber verstärkt dem Thema, aber auch unter Betreuer:innen und in der Sportwissenschaft hat das Fachgebiet an Bedeutung gewonnen. Ob Ernährung, Trainingswisssenschaft oder Biomechanik - vor gar nicht so vielen Jahren war die wissenschaftliche Datenlage noch sehr bescheiden. Meine sportwissenschaftliche Arbeit im Rollstuhltennis aus den Jahren 2005-2006 war eine von wenigen auf dem Gebiet, mittlerweile sind einige gefolgt. Auch in der Ernährung sind inzwischen gute Arbeiten veröffentlicht worden, in der Ernährung ist besonders Liz Broad hervorzuheben. Sie arbeitet seit vielen Jahren mit amerikanischen Parasportler:innen und gehört zu den Expert:innen im Parasport.

Was macht die Ernährung im Parasport so besonders? Parasport ist ein sehr breiter Begriff, der viele unterschiedliche Sportler:innen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und individuellen Bedarfen zusammenfasst.

Je nach Behinderung und Einschränkung führt das bei den Athlet:innen auch zu unterschiedlichen Herausforderungen in der Ernährung.

Während blinde Sportler:innen kaum Veränderungen vornehmen müssen, bewirkt eine Wirbelsäulenverletzung mit hohem Lähmungsgrad auch zahlreiche Veränderungen im Körper. Angefangen von den Verdauungsorganen über die Knochengesundheit oder Dekubitus bis hin zur Regulierung der Körpertemperatur (beeinträchtigte Schweißproduktion) gibt es viele wichtige Aspekte in der Sporternährung, die bei der Betreuung besonders beachtet werden müssen. Der Körper von Parasportler:innen hat einen hohen Nährstoffbedarf, gleichzeitig ist der Kalorienverbrauch jedoch bei manchen deutlich geringer. Für die tägliche Ernährung heißt das, dass die Qualität (Nährstoffdichte) noch wichtiger wird. Mit den Mahlzeiten, die Sportler:innen zu sich nehmen, müssen all die notwednigen Nährstoffe aufgenommen werden, damit es im Körper zu keinem Mangel kommt. Eine wichtige Bedeutung kommt dabei auch der Zufuhr von Ballaststoffen zu. Aufgrund der sitzenden Position ist besonders im Rollstuhl die Verdauung häufig ein Problem. Sie ist träge, aber ballaststoffreiche Ernährung fördert die Verdauung. Gleichzeitig hält sie auch den Darm gesund. Weiters leiden manche Sportler:innen immer wieder an offenen Druckstellen und Wunden aufgrund des Sitzens und Sportelns im Rennrollstuhl. Wunden bedeuten neben mehr Belastung für da Immunsystem auch mehr oder häufigere Entzündungen, daher sind auch Lebensmittel mit entzündungshemmender Wirkung günstig und sollten Teil der täglichen Ernährung sein. Ungesättigte Fette wie beispielsweise in pflanzlichen Ölen, im Fisch, in Walnüssen oder Leinsamen sind aus diesem Grunde den gehärteten und gesättigten zu bevorzugen.

Aufgrund des bei manchen reduzierten Kalorienbedarfs sollten auch sogenannte leere Kalorien minimiert werden. Leere Kalorien liefern neben der Energie kaum Nährstoffe oder nur solche, die keinerlei günstige Wirkung auf den Organismus oder die Gesundheit haben (d.h. gehärtete oder gesättigte Fette, Einfachzucker). Besonders stark verarbeitete Produkte liefern meist solche leeren Kalorien.

Beim Sport gibt es keine Unterschiede in den Empfehlungen

Die Energiezufuhr beim Sport und in der Regeneration dient der Leistungsmaximierung/-optimierung bzw. der Beschleunigung der Erholung. Daten haben bisher gezeigt, dass die allgemein gültigen Empfehlungen der Sporternährung auch im Parasport herangezogen werden können. Da manche Sportler:innen aufgrund ihrer Behinderung auch geringere Glykogenspeicher haben, wird besonders beim Sport die Kohlenhydratzufuhr noch wichtiger, da die Speicher schneller leer sind. Die Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, da sie bei verminderter Schweißproduktion auch eine wichtige Rolle in der Regulierung der Flüssigkeitszufuhr einnimmt. Nach der Belastung gilt auch im Parasport, dass Eiweiß und Kohlenhydrate aufgenommen werden sollten, um die Regeneration einzuleiten. Und allgemein werden Kohlenhydrate wichtiger, umso mehr und intensiver die sportliche Belastung wird. Ein heikles Thema im Parasport sind Supplemente. hier gilt es, sich an Expert:innen zu wenden. Viele Parasportler:innen müssen Medikamente nehmen, Wechselwirkungen mit Nahrungsergänzungsmitteln sind nicht ausgeschlossen. Daher sind in dem Zusammenhang höchste Vorsicht und Expertise wichtig.

Einigen wichtigen Fragen rund um die Ernährung im Parasport hat sich heute Ohne Grenzen - das Behindertensportmagazin auf ORF Sport+ gewidmet. Schau rein! (Sendung online bis 23. Februar verfügbar; Link weiter unten via Button)

Weiterführende Literatur:

PARA:sport 12. Ernährung im Parasport mit Judith Haudum medonline.at

Broad, L. (2019) Sports nutrition for Paralympic athletes. CRC Press.

Flueck JL. Nutritional Considerations for Para-Cycling Athletes: A Narrative Review. Sports 2021, 9(11), 154; https://doi.org/10.3390/sports9110154

Haudum J et al. (2006) Comparative kinematic analysis of similarities and differences in serve and groundstrokes between wheelchair and standing tennis players (ISBS, ECSS, Diplomarbeit).

Ohne Grenzen - Das Behindertensportmagazin Folge 41, 15. Februar 2024
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