Diese Betreuung ist erfolgreich. Der Erfolg lässt sich klar erkennen! Tatsächlich können wir in vielen Bereichen im Sport den Erfolg messen oder klar erkennen. Sportler:innen sind schneller, Übungen werden sauberer ausgeführt, das Gewicht ist tiefer, am Ende stehen mehr Siege als Niederlagen, es sind viele Tore gefallen, Medaillen werden gewonnen und Rekorde werden gebrochen.
Erfolg haben und den Erfolg an Zahlen messen, im Sport keine Seltenheit. So würden sich viele bei der Ernährung auch wünschen, die Betreuung durch bestimmte Größen darzustellen und so auch den Erfolg zu messen. Die Frage ist aber, lässt sich eine erfolgreiche Ernährungsbetreuung durch irgendeine Zahl messen oder darstellen? Bedeutet ein tiefes Gewicht, dass die Ernährung gut ist? Heißt wenig Körperfett, dass die Ernährung passt? Oder bedeuten Niederlagen, dass die Ernährung falsch ist?
Regelmäßig fragen mich Journalisten, wie man sagen kann, dass eine Betreuung erfolgreich ist. Woran erkennt man das? Kann man in manchen Bereichen im Sport vielleicht durch Zahlen und Ergebnisse den Erfolg messen, ist das in der Ernährung nicht so einfach. Es gibt keine Größe, die darstellt, dass die Ernährung gut ist oder eben nicht. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Ziele der Ernährung im Sport:
- Gesundheit unterstützen,
- Nährstoff- und Energiebedarf decken,
- Leistung unterstützen und Müdigkeit verringern,
- metabolisch möglichst effizient werden,
- Regeneration beschleunigen,
- Flüssigkeitsbedarf abdecken,
- Zeitlich gut abgestimmte Energiezufuhr,
- Körpergewicht und -zusammensetzung optimieren,
- gesundes Essverhalten,
- Food first und wenn Supplemente, nur jene, die getestet sind und auch Sinn machen.
Diese Ziele, wenn sie erreicht werden, lassen sich nicht an einer Zahl messen und durch eine Zahl darstellen.
In der Ernährung gibt es keine Bestmarken und keine Kenngrößen, die es zu erreichen gilt.
Erreichte Ziele erkennt man aber im Alltag, in der Saison, im Wettkampf auf unterschiedliche Art und Weise.
Ziele erreichen, mit der Ernährung
Gesundheit lässt sich nicht so einfach messen, aber wenn Sportler:innen durch bessere Versorgung des eigenen Körpers seltener krank sind (und damit weniger Trainingstage verlieren) oder die Verletzungsanfälligkeit (und damit -häufigkeit) sinkt, wird ein Ziel erreicht, nämlich die Gesundheit der Sportler:innen zu unterstützen und bestmöglich aufrechtzuerhalten. Wer den Nährstoff- und Energiebedarf deckt, minimiert das Risiko eines Mangels, einer kalorischen Unterversorgung, eines erhöhten Verletzungsrisikos und damit das Risiko von gesundheitlichen Komplikationen.
Im Wettkampf gewinnt der, der am Ende mehr Energiereserven hat und die Konkurrenz im Sprint besiegt oder der bis zum Ende das Leistungsniveau hoch halten kann. Das gelingt nur durch ausreichende Energiezufuhr beim Wettkampf. Auch im Training geht es darum, bis zum Ende leistungsfähig zu sein. Nicht die trainieren am besten, die am Ende am kaputtesten sind (und damit alles gegeben haben), sondern die, die im Training durch optimale Versorgung das Beste rausholen können und die besten Reize setzen können. Denn eines ist auch klar: ein Training völlig ermüdet und ko beenden bedeutet nicht automatisch, dass es ein gutes Training war ("Ein gutes Training muss weh tun"). Durch ausreichende Versorgung Trainingsziele erreichen und das Optimum im Training rausholen ohne sich ständig völlig zu verausgaben, auch das kann erfolgreiche Ernährungsbetreuung bedeuten.
Nach dem Sport beginnt eine entscheidende Phase. Wenn auch immer übers Training gesprochen wird, so ist die Zeit nach dem Workout nicht minder wichtig. Dort passiert im Körper letztendlich das, was das Leistungsniveau erhöht. Die Trainingsanpassung! Im Sport reden wir oft über die Energiezufuhr im Training, die bis zu 90-120 g/h kennen vor allem Ausdauersportler:innen sehr gut, aber was notwendig ist, um den Körper nach einer Belastung bestmöglich zu versorgen um dadurch die Regeneration zu unterstützen und zu beschleunigen, ist nicht so bekannt. Wenn aber Sportler:innen, wissen, worauf es nach dem Sport ankommt und mit Getränken und Snacks ihre Regenerationszeit ausfüllen und ihren Körper mit einer klaren Strategie unterstützen, dann kann auch das als erfolgreiche Ernährungsbetreuung gesehen werden.
Natürlich geht's im Spitzensport auch sehr häufig ums Timing. Das ist auch die der Ernährung so. Wann ich esse, macht einen großen Unterschied. Will ich mit meiner Ernährung was erreichen, dann achte ich darauf, dass die Zufuhr zum richtigen Zeitpunkt passiert. Für Sportler:innen heißt das auch, so ausgestattet und versorgt zu sein, dass sie zum richtigen Zeitpunkt essen können. Daheim geht das wohl noch am einfachsten, aber Sportler:innen sind häufig unterwegs. Sich auf Reisen versorgen und in Hotels Mahlzeiten dann verfügbar zu haben, wann sie notwendig sind - wichtige Dinge. Wenn sie funktionieren, ist auch das ein Erfolg, weil der Körper zum richtigen Zeitpunkt versorgt wird, was letztendlich zu Leistung und Gesundheit beiträgt.
Und dann git es das umfangreiche Thema Supplemente…im Sport ein sehr wichtiges, weil unsere Sportler:innen ständig von Firmen und deren Vertreter:innen kontaktiert werden. Das neueste Produkt mit der besten Wirkung. Athlet:innen haben es nicht leicht, in all dem Dschungel an Supplementen und Werbungen, das herauszufiltern, was relevant ist. Viele haben auch keine Möglichkeit, sich an Expert:innen zu wenden. wie entscheidet man dann, ob das Produkt gut ist, wichtig ist oder sinnvoll ist? Diejenigen, die Expert:innen im Umfeld haben, wenden sich hoffentlich an sie bevor sie ein Produkt verwenden. In der letzten Zeit habe ich sehr viele Fragen von meinen Sportler:innen erhalten. Macht das Sinn? Was hältst du davon? Soll ich das nehmen? Brauche ich das? Diese kritische Denken und Verhalten ist vielleicht mitunter eines der wichtigsten Ziele in der Sporternährung. Dass Sportler:innen auch hinterfragen, ob sie Produkte brauchen. Dass sie versuchen, zuerst ihre Ernährung zu optimieren und dann erst überlegen, ob überhaupt irgendwelche Supplemente Sinn machen. Food first heißt nicht nur, das Risiko für eine positive Dopingprobe zu minimieren, es bedeutet auch, dass der Körper aus Lebensmittel die Stoffe und Substanzen in den Mengen bekommt und aufnehmen kann, wie sie am besten wirken. Lebensmittel mit ihrer Lebensmittelmatrix sind immer noch (mit wenigen Ausnahmen) der beste Weg der Nährstoffversorgung.
Abschließend bleibt dann noch das Thema des Essverhaltens und der gesunden Beziehung zum Essen. Auch der Aspekt findet Platz in der Ernährungsbetreuung und hat einen wichtigen Stellenwert. Dadurch, dass in vielen Sportarten das Körpergewicht eine zum Teil immer wichtigere Rolle einnimmt und die Meinung weit verbreitet ist, dass ein tieferes Gewicht mehr Leistung bringt, hat sich auch die Rolle vom Essen verändert. Für manche ist Essen zum Feind geworden, aus Angst oder Frust, weil das Gewicht scheinbar zu hoch ist. Im Sport ging in den letzten 25 Jahren damit etwas die gesunde Beziehung zum Essen verloren. Essen wird mit vielen negativen Gefühlen assoziiert, dabei ist Essen etwas Wunderbares, das uns erst ermöglicht, Leistung zu erbringen. Was würden unsere Muskeln tun, wenn sie keine Energie bekämen? Was würde unser Hirn tun, wenn ihm die Energie ausginge? Wir brauchen Energie um zu leben und zu funktionieren, und im Sport braucht der Körper noch mehr davon. Ein Ziel in der Ernährungsbetreuung ist es auch, den Athlet:innen diese Schlüsselrolle der Ernährung zu vermitteln und ihnen aufzuzeigen, wozu sie die Ernährung befähigt. Ernährung ist nicht der Feind im Sport, die richtige Ernährung ermöglicht uns erst, die maximale Leistung erbringen zu können und damit die sportlichen Ziele zu erreichen. Zur gesunden Beziehung zum Essen gehört auch, dass Lebensmittel und Speisen nicht nach gut und schlecht kategorisiert werden. Kein Lebensmittel ist nur gut, keines nur schlecht. Alle Lebensmittel haben ihren Platz in der Ernährung und auch, wenn manche gesünder sind als andere, so hat der Konsum sowohl des einen als auch des anderen unter dem Aspekt des gesunden Essverhaltens keine unmittelbare Konsequenz zur Folge. Wenn es beim Geburtstagsessen mal zwei große Stück Torte sind, dann sind sie das. Einmal zwei Stück Torten sind kein Problem, problematisch wird es nur, wenn bei jedem Frühstück zwei große Stück Torten dabei sind. Gesundes Essverhalten erlaubt uns auch, hin und wieder etwas zu essen, das nicht der gesunden Küche entspricht - und das ganz ohne Konsequenz, Schuldgefühle und Stress. Im Sport ist dieses gesunde, entspannte Essverhalten nicht überall zu erkennen, aber es ist wichtig. Wenn Sportler:innen dieses gesunde Essverhalten und die gesunde, entspannte Haltung beim Essen wiederentdecken, fällt das auch unter erfolgreiche Ernährungsbetreuung.
Tiefes Gewicht bedeutet nicht automatisch perfekte Ernährung
Was bei den Zielen noch nicht erwähnt wurde, ist das optimale Gewicht. Natürlich spielt auch das Gewicht eine wichtige Rolle im Sport und natürlich gehört Gewichtsmanagement zu den Bereichen der Ernährungsbetreuung. Jedoch bedeutet ein bestimmtes Gewicht oder das Erreichen eines tieferen Zielgewichts nicht automatisch, dass eine Ernährungsintervention erfolgreich und gut ist. Von vielen Publikationen und auch Berichten wissen wir, dass man ein tiefes Gewicht auch auf ungesunde Art erreichen kann. Hungern, Fasten, gestörtes Essverhalten, Mahlzeiten auslassen usw. sind alles Wege, die einen Gewichtsverlust verursachen können. Für eine erfolgreiche Ernährungsbetreuung ist aber nie alleine das erreichte Gewicht ausschlaggebend, sondern auch der Weg, der zu dem Gewicht hingeführt hat. Ungesunde, extreme Methoden können zum Zielgewicht führen, aber häufig folgen gesundheitliche Konsequenzen, oft leidet auch die Leistung unter falschen Methoden der Gewichtsregulierung. Deswegen ist ein erreichtes Zielgewicht nicht automatisch ein Erfolg der Ernährung. Nur wenn der Weg zum Zielgewicht den Empfehlungen der Experten entspricht, ist es eine erfolgreiche Ernährungsintervention. So bleibt die Intervention nämlich auch ohne negative Auswirkungen für die Sportler:innen.
Wie sich also erkennen lässt, kann sich Erfolg in der Ernährungsbetreuung auf ganz unterschiedliche Weise zeigen. Jedes der oben genannten Ziele ist wichtig. Sie zu erreichen trägt letztendlich zu einer besseren sportlichen Leistung und zu mehr Gesundheit bei. Anhand einzelner Zahlen lässt sich eine erfolgreiche Ernährungsbetreuung nicht definieren. Gesundes Essverhalten, Leistungsfähigkeit, erfolgreiche Regeneration, Gesundheit, Meal timing, Food first lassen sich nicht in einem einfachen Zahlen- und Rankingsystem mit genauen Kenngrößen darstellen. Zur erfolgreichen Ernährung gehört weit mehr, lenken wir unsere Aufmerksamkeit nicht zu sehr auf bestimmte Zahlen.
Weiterführende Literatur:
Pelly F et al. (2009) Catering for the athletes village at the Sydney 2000 Olympic Games: the role of sports dietitians. IJSNEM, 19(4):340-54. doi: 10.1123/ijsnem.19.4.340.
Thomas DT et al. (2016) American College of Sports Medicine Joint Position Statement. Nutrition and Athletic Performance. Med Sci Sports Exerc, 48(3): 543-568 | doi: 10.1249/MSS.0000000000000852